Gerade hatten Chris und ich in Zusammenarbeit mit Fabienne Stoll den Prototypen für einen kunstbasierten Workshop zum Thema "Unconscious Bias" in zwei TryOuts getestet, und schon wurden wir angefragt, ob wir den Workshop anbieten könnten für die Anti-Rassismus Aktionstage 2022 in Thun.
Toll, wenn's grad so flutscht, nicht?
Die Inspiration für diese Arbeit kommt aus einer Performance über kulturelle Identität und Vorurteile, welches Chris und ich zusammen mit Sandra Chatterjee entwickelt und bereits mehrmals im Rahmen von unserem Stück "Table Conversations" gezeigt hatten.
Inhalt
Unser "Unconscious Bias" lädt dazu ein, eine erste Sensibilisierung für unsere eigenen Denk- und Verhaltensmechanismen rund um das Thema “Unconscious Bias” in Gang zu setzen.
Wir nutzen den denkenden und fühlenden Körper um die Themen Migration, unbewusste Vorurteile, Ausgrenzungsmechanismen und kulturelle Identität physisch erfahrbar zu machen. Die Teilnehmenden werden durch leicht nachvollziehbare Handlungsvorschläge gebeten, etwas körperlich auszuprobieren, alleine und in Interaktion. Dadurch entstehende überraschende Situationen, die zum Reflektieren einladen.
Das unmittelbare Erfahren und Erleben auf der Körper-, Beziehungs- und Gefühlsebene spielt eine wichtige Rolle. Es dient als Ausgangspunkt für Reflektion und Austausch und verhindert, dass die Auseinandersetzung eine rein intellektuelle Abhandlung bleibt. Es kommt jedoch auch faktisches Wissen zu Migration und Rassismus in der Schweiz zu Zuge und die Teilnehmenden sind eingeladen, ihren Wissensstand zu testen.
Aufbau
Der Workshop besteht im Wesentlichen aus drei Teilen.
Im ersten Teil gibt es spielerische Aufgaben und Bewegungen durch den Raum zum Thema “Grenzen”. Wo sind meine Grenzen? Wie verteidige ich sie? Wie überschreite ich Grenzen? Was passiert mit mir, wenn mir der Zugang zu einer Grenze verweigert wird?
Im zweiten Teil geht es um eine Aufstellung und Anordnung zum Thema “Migration”. Wieviel Migration steckt in mir? Wie zeigen sich meine eigenen, unbewussten Vorurteile? Wie stehe ich persönlich zu bestimmten Aussagen und Meinungen zum Thema Migration, Integration, kulturelle Identität? Was passiert mit mir, wenn mir jemand gegenüber steht mit einer entgegengesetzten Meinung?
Im dritten Teil gibt es Fragestellungen, die zur Reflektion und zum Austausch anregen, sowie ein paar Tipps und Anregungen für die weitere Auseinandersetzung. Wie erlebe ich unbewusste Vorurteile, Ausgrenzung, Migration in meinem eigenen Leben? In meiner Arbeit? In der Ausbildung? In meiner Familie? In meiner Freizeit? Wo wünsche ich mir eine Veränderung? Wie könnten die ersten Schritte in Richtung dieser Veränderung aussehen?
Wirkung
Wir haben unseren Prototypen mit zwei sehr unterschiedlichen Gruppen getestet. Die erste Gruppe war sehr heterogen in Bezug auf kulturelle Identität und ethnische Herkunft, die zweite Gruppe bestand hauptsächlich aus SchweizerInnen ohne Migrationshintergrund. Während die erste Gruppe eher auf den ersten Teil zum Thema Grenzen ansprang, war es bei der zweiten Gruppe eher der zweite Teil, der etwas auslöste.
In beiden Gruppen schätzten die Teilnehmenden die Kombination von körperlichem Erleben einerseits und gedanklicher Auseinandersetzung andererseits. Dies wurde als eine neuartige, ganzheitliche und inspirierende Lernerfahrung eingestuft.
Durch die spielerische Gestaltung und lockere Atmosphäre des Workshops, war für die Teilnehmenden jederzeit die Erlaubnis da, nur genau so viel von sich preiszugeben, wie sie wirklich wollten. Gleichzeitig konnten sich die Teilnehmenden durch die körperliche und räumliche Bewegung und Positionierung der Emotionalität und eigenen Betroffenheit des Themas nie ganz entziehen. Dadurch wurde ein hoher Beteiligungsgrad sowie eine hohe Aufmerksamkeit und Intensität erreicht.
Dank der offenen, vertrauensvollen Atmosphäre fanden in beiden Gruppen sehr angeregte und ehrliche Gespräche und Austausch statt. Sowohl dies als auch die Tipps und Anregungen zur weiteren Auseinandersetzung wurde hoch geschätzt.
Einige Teilnehmende waren sichtlich bewegt und berührt nach dem TryOut des Prototypen. Einige waren aufgerüttelt, weil sie mit ihren eigenen Vorurteil- und Abgrenzungsmechanismen konfrontiert worden waren. Andere waren alarmiert wegen einiger Fakten über Rassismus in der Schweiz. In einer Rückmeldung erzählten sie mir, dass sie sich in den nächsten Wochen weiter mit den Themen beschäftigt hatten und mit den nächsten Personen aus ihrem Umfeld die Gespräche weiterführten.
Genau das erhoffen wir uns natürlich aus dieser Arbeit! Gleichzeitig waren diese Rückmeldungen für uns ein klares Zeichen, dass es mehr Raum für die Integration des Erlebten braucht. Dies haben wir für die nächste Durchführung des Workshops nun so eingeplant. Ich freue mich auf dieses nächste Abenteuer!
Comments